Autohersteller Ford beabsichtigt erneut, in großen Umfang Stellen zu streichen - Was betroffene Arbeitnehmer nun wissen müssen!

Yazdan Yilmaz
Autohersteller Werk

Zwei Jahre nach der ersten großen Massenentlassung, bei der bereits über 5.000 Stellen gestrichen worden sind, plant Ford erneut, tausende Stellen abzubauen. Vor diesem Hintergrund fand am 23.01.2023 in Köln bei der Ford-Werke GmbH eine außerordentliche Betriebsversammlung statt. Geplant sei ein Abbau von Arbeitsplätzen insbesondere im Bereich der Produktentwicklung in ganz Deutschland. Langfristig soll jedoch auch im administrativen Bereich in einem nicht unerheblichen Maße ein Abbau von Arbeitsplätzen erfolgen.

Obwohl bereits eine Warnung an die Belegschaft der Ford-Werke in Köln ausgesprochen wurde, war seit der Betriebsversammlung bislang unklar, wie viele Stellen konkret betroffen sein werden. Nun gab der US-Autohersteller bekannt, dass aufgrund des Ausbaus der Elektromobilität und der damit verbundenen Umstrukturierung in Köln und Aachen 3.200 Stellen abgebaut werden sollen. Doch inwiefern sind derartige Massenentlassungen rechtmäßig? Und was kann ein Arbeitnehmer, der durch diese Maßnahmen einen Aufhebungsvertrag oder eine Kündigung erhalten hat, dagegen tun?

Im Rahmen dieses Beitrags gehen wir genau auf diese Fragen ein. Zudem geben wir den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einen Einblick über die rechtlichen Gegebenheiten dieses Falls und zeigen auf, welche Verfahrensschritte für Sie relevant sein könnten. 

Welche Möglichkeiten hat ein Arbeitgeber, um Stellen abzubauen?

Möchte ein Arbeitgeber Arbeitsplätze bzw. Stellen abbauen, stehen ihm grundlegend folgende zwei Möglichkeiten für die Beendigung der bestehenden Arbeitsverhältnisse zur Verfügung:

  • Angebot eines Aufhebungsvertrages
  • Kündigung

Im Fall Ford ist bislang noch unklar, ob betroffene Arbeitnehmer grundlegend ein Angebot für eine freiwillige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erwarten haben oder ob es doch zu betriebsbedingten Kündigungen kommen wird. Ungeachtet dessen, welches Szenario stattfinden wird, ist es für betroffene Arbeitnehmer stets ratsam, sich zunächst von einem Anwalt für Arbeitsrecht beraten zu lassen, um langfristig die bestmöglichen Bedingungen wie auch die bestmögliche Abfindung zu erzielen.

Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Bei einem Aufhebungsvertrag handelt es sich im Allgemeinen um einen Vertrag zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer, in dem sich beide Parteien einvernehmlich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem vordefinierten Zeitpunkt bzw. sofort einigen. Der Aufhebungsvertrag ersetzt damit die Kündigung des Arbeitgebers oder die Kündigung durch den Arbeitnehmer. Im Regelfall werden in einem solchen Aufhebungsvertrag auch die Bedingungen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wie z.B. die Abfindung, die Freistellung, die Resturlaubstage und Zeugnisfragen geregelt. Es ist jedoch zu beachten, dass der Abschluss eines Aufhebungsvertrags für den Arbeitnehmer mit einigen Risiken verbunden sein kann, insbesondere wenn er unvorbereitet oder unter Druck abgeschlossen wird. Daher wird im Falles eines Aufhebungsangebotes ausdrücklich die Konsultation eines Anwalt für Arbeitsrecht empfohlen, um böse Überraschungen nach dem Abschluss des Aufhebungsvertrags zu vermeiden.

Erhalte ich nach Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags Arbeitslosengeld?

Bei Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages erhalten Betroffene in vielen Fällen eine Sperrzeit von bis zu 12 Wochen, in der sie kein Arbeitslosengeld von der Arbeitsagentur erhalten. Sollte ein Arbeitnehmer, der länger als zwölf Monate Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, einen solchen Aufhebungsvertrag unterschreiben, kann sogar seine Anspruchsdauer um ein Viertel gekürzt werden. Dies kann für viele eine unerwartete Konsequenz sein. Die Sperrzeit wird von der Bundesagentur für Arbeit verhängt, da sie die freiwillige Auflösung eines Arbeitsverhältnisses als versicherungswidriges Verhalten gemäß § 159 Absatz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) betrachtet. Im Gegensatz zur einseitigen Kündigung durch den Arbeitgeber ist der Arbeitnehmer beim Aufhebungsvertrag aktiv an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses beteiligt. Sprich: Durch die Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags führt der Arbeitnehmer zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbei. Es ist also wichtig, die Folgen einer freiwilligen Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits vor der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags zu kennen und gegebenenfalls Unterstützung zu suchen, um den Vertrag so zu gestalten, dass keine Sperrzeit droht.

Darf ich direkt nach Verlassen des Unternehmens einen neuen Job annehmen?

Für gewöhnlich ist es möglich, nahtlos von einem Job zu einem anderen Job zu wechseln. Allerdings kann dies eingeschränkt sein, wenn im Aufhebungsvertrag ein Wettbewerbsverbot vereinbart wurde. In diesem Fall ist es dem ehemaligen Arbeitnehmer für eine vertraglich vereinbarte Zeit untersagt, einen Job bei einem Konkurrenten anzunehmen. 

Solche Klauseln müssen allerdings angemessen sein und in Form einer Gegenleistung entsprechend ausgeglichen werden. Während Wettbewerbsverbote für ehemalige Mitarbeiter in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen verargumentierbar sind, sind diese wiederum für Produktionsarbeiter kaum zu rechtfertigen. Ebenso unzulässig sind Klauseln, die den ehemaligen Arbeitnehmern die Annahme von Jobs für einen unzumutbar langen Zeitraum untersagen oder keine Entschädigungszahlung vom Arbeitgeber während des Wettbewerbsverbots vorsehen.

Muss ich ein Aufhebungsangebot von der Ford-Werke GmbH zwingend annehmen bzw. was kann passieren, wenn ich den Aufhebungsvertrag nicht akzeptiere?

Grundsätzlich besteht keine Verpflichtung, das Abfindungsangebot kommentarlos anzunehmen. Somit können Sie zu keinem Zeitpunkt dazu gezwungen werden, einen solchen Vertrag zu unterschreiben. Zudem ist es angesichts der weitreichenden Folgen bei Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages stets empfehlenswert, den Vertrag durch einen Experten im Arbeitsrecht vorab überprüfen zu lassen.

Sollten Sie also ein derartiges Angebot von der Ford-Werke GmbH  vorerst nicht annehmen, bleibt Ihr Arbeitsverhältnis zunächst unverändert. Ford wird erfahrungsgemäß erstmal abwarten und beobachten, wie viele Mitarbeiter das Angebot für einen Aufhebungsvertrag annehmen werden. Sollte diese Anzahl zu gering ausfallen, wird das Unternehmen möglicherweise versuchen, durch bessere Angebote mehr Arbeitnehmer dazu zu bewegen, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Erst danach wird konkret geprüft, ob und wie viele betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen werden. Große Unternehmen wie die Ford-Werke GmbH versuchen den Prozess der Massenentlassung grundlegend immer erst über Aufhebungsangebote abzuwickeln, da Kündigungen für Arbeitgeber im Regelfall deutlich schwerer umzusetzen sind. Das liegt daran, dass Kündigungen mit rechtlichen Hürden einhergehen und in der Regel zu kostenintensiven arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzprozessen führen, die oft mit höheren Abfindungszahlungen enden.

Was kann ich tun, wenn ich von der Ford-Werke GmbH eine Kündigung erhalten habe?

Wer eine Kündigung vom Arbeitgeber erhalten hat, hat die Möglichkeit, durch eine Kündigungsschutzklage dagegen vorzugehen. Es ist jedoch wichtig, dass die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht wird. Andernfalls erlischt der Anspruch des Arbeitnehmers und die Kündigung kann nicht mehr angefochten werden. Nach dieser dreiwöchigen Frist gilt die Kündigung somit als wirksam.

Das Arbeitsgericht prüft im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens, ob die Kündigung korrekt durchgeführt wurde und ob es einen rechtlichen Grund für die Kündigung gibt. Der Arbeitgeber muss folglich einen Grund für die Kündigung darlegen und nachweisen, dass diese sozial gerechtfertigt ist. Abseits besteht die Möglichkeit, durch einen gerichtlichen Vergleich eine Einigung zu erzielen, die eine Abfindungszahlung beinhalten kann. Im Falle eines solchen Vergleichs hat der Arbeitnehmer normalerweise keine Sperrfrist beim Arbeitsamt zu befürchten.

Sprich: Sollten Sie eine Kündigung von der Ford-Werke GmbH erhalten haben, sollten Sie keine Zeit verlieren und die Konsultation eines professionellen Rechtsanwaltes für Arbeitsrecht ersuchen, um entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.

Welche formellen Voraussetzungen muss die Ford-Werke GmbH für eine derartige Massenentlassung erfüllen?

Bei einer Massenentlassung hat der Arbeitgeber zahlreiche Voraussetzungen gemäß § 17 Kündigungsschutzgesetz zu erfüllen. Allen voran muss er der sog. Anzeigepflicht nachkommen. So hat er die Bundesagentur für Arbeit hinsichtlich der geplanten Entlassungen umfassend zu informieren. Zudem muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat im Detail Auskunft über den geplanten Umfang der Stellenkürzungen, die Gründe für den Abbau, die Anzahl der betroffenen Berufsgruppen, die geplanten Kündigungszeitpunkte, die Kriterien für die Auswahl der zu kündigenden Mitarbeiter sowie die damit verbundene Sozialauswahl und Abfindungsinformationen geben. Weiterhin gilt es die Stellungnahme des Betriebsrats zu den geplanten Kündigungen an die Bundesagentur für Arbeit weiterzuleiten. Sollte der Arbeitgeber diesen Verfahrensrichtlinien nicht nachkommen, sind die ausgesprochenen Kündigungen unwirksam.

Besteht im Fall Ford-Werke GmbH Kündigungsschutz?

Neben diesen formellen Voraussetzungen muss der Arbeitgeber gemäß § 1 Absatz 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) einen überzeugenden Grund für die Kündigung angeben. Sprich, ob es sich um eine personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Kündigung handelt. 

Da die Ford-Werke GmbH die Entlassungen mit einer Umstrukturierung des Unternehmens begründet, kommt in diesem Fall eine betriebsbedingte Kündigung in Betracht. Wie jede andere Kündigungsart hat auch diese bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen, um rechtmäßig zu sein. Sollte die Ford-Werke GmbH sich auf eine unternehmerische Entscheidung berufen, muss hierzu nachgewiesen werden, dass diese auch aus betrieblichen Gründen unbedingt erforderlich ist. Vorliegend müsste Ford als Arbeitgeber daher einen Nachweis erbringen, dass eine Umstrukturierung erforderlich und ein einhergehender Stellenabbau unvermeidbar ist. 

Um eine Kündigung zu rechtfertigen, muss ein Unternehmen zudem in der Regel nachweisen können, dass der Arbeitsplatz nicht mehr benötigt wird. In Deutschland gibt es Gesetze, die besagen, dass eine Kündigung aufgrund betriebsbedingter Gründe nur dann rechtmäßig ist, wenn der Arbeitsplatz tatsächlich dauerhaft wegfällt. Dies umfasst ebenso eine Verifikation darüber, dass die Kündigung durch eine andere Maßnahme wie eine betriebliche Umstrukturierung nicht vermieden werden konnte.

Abschließend bildet auch die Sozialauswahl einen wichtigen Aspekt des Kündigungsrecht, den die Ford-Werke GmbH als Arbeitgeber insbesondere hinsichtlich der Massenentlassung zu berücksichtigen hat. Sie hat das Ziel, die Auswirkungen einer Kündigung auf die betroffenen Arbeitnehmer so gering wie möglich zu halten. So würde eine Sozialauswahl dazu beitragen, die am besten geeigneten Arbeitnehmer für eine neue Stelle bzw. diejenigen auszuwählen, die am wenigsten von einer Kündigung betroffen sind. Eine Kündigung, die ohne oder mit unzureichender Sozialauswahl erfolgt, kann in einigen Fällen unwirksam sein. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, eine Kündigungsschutzklage einzureichen und das Arbeitsgericht wird überprüfen, ob die Kündigung rechtmäßig ist.

Angesichts der Gesamtheit aller beschriebenen Aspekte, die durch die Ford-Werke GmbH zu erfolgen haben, kann es ratsam sein, einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren, um sicherzustellen, dass die arbeitsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden und die Rechte des Arbeitnehmers gewahrt bleiben. Ein Anwalt kann bei der Überprüfung der arbeitsrechtlichen Fakten helfen und gegebenenfalls eine Kündigungsschutzklage einreichen.

Wir helfen Ihnen gerne!

Sollten Sie von den geplanten Stellenstreichungen betroffen sein, können Sie sich jederzeit an uns wenden. Egal, ob Sie einen Aufhebungsvertrag oder sogar bereits eine Kündigung erhalten haben, wir stehen Ihnen mit unserer Expertise im Arbeitsrecht tatkräftig zur Seite und beraten Sie umfassend! Kontaktieren Sie uns gerne jederzeit unter 0221 67811101 (Beratung bundesweit).